Welche Schreibregeln muss ich beachten?

25.01.2020 12:55 (zuletzt bearbeitet: 25.01.2020 16:30)
avatar  Sabine
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Also, die wichtigste Schreibregel ist: wenn das Schreiben nicht aus deinem tiefsten Inneren kommt und du nicht über Emotionalität, Visualisierungsvermögen und die innere Schreibmaschine verfügst (Ich werd' dann mal Schriftsteller), dann erwarte nicht zu viel von deinen "Werken".

Es gibt keine verdammten Schreibregeln. Wenn dir jemand sagt, dass Geschichten besser nicht mit einer Dialogzeile beginnen sollten oder die Anzahl von Adjektiven so wichtig ist, dass man kein Wort über die verkorkste Struktur deiner Geschichte mehr verlieren muss, dann sei dir sicher, dass du dich in der Gesellschaft von Untalentierten befindest.

Es gibt hunderte von Schreibratgebern auf dem Markt, die dir diese Haltung von Möchtegerns vermitteln wollen: schreib schön nach Regel, dann geht das schon; Millionen von YouTube-Seiten, in denen dir strahlende (Möchtegern-) Influencer versprechen, dass du in vier Wochen Schriftsteller bist, wenn du nur das vorgestellte Korsett anlegst.

Wenn man Künstler aus Naturvölkern fragt, wie sie denn bloß diese wunderbaren Statuen aus dem Stein hauen, dann lächeln sie schüchtern und sagen, das wär kein Problem, der Elefant sei ja schon da drin, man müsse ihn nur herausholen. Und das ist auch schon die ganze Wahrheit: Manche von uns haben die Begabung, Elefanten aus hartem Stein zu befreien, andere haben Geschichten in sich, die sie nur in die Tastatur eintippen müssen. Bei ganz anderen fließen komplizierte Musikstücke aus den Fingern in eine Klaviertastatur. Es gibt auch Menschen, die gar nichts befreien können, weder Elefanten, noch Geschichten, noch Musik, die aber genauso wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sind, Freunde, in deren Gesellschaft man sich wohl fühlt, ohne dass sie großartig was Besonderes können.

Aber abgeschwiffen: Es gibt keine Schreibregeln für das fiktionale Schreiben.

Man muss einfach begriffen haben, dass fiktionales Schreiben emotionales Schreiben ist und dass es darauf ankommt, lebendige Menschen zu erschaffen, die in Beziehung zu anderen Menschen treten, Dialoge führen, in denen diese Beziehung zum Tragen kommt. Diese Menschen begleiten wir in deiner Geschichte durch einen Lebensabschnitt, und wenn du das gut erzählst, wollen wir wissen, was mit deinen Helden passiert. Deine Geschichte ist dann spannend und wir können nicht aufhören zu lesen.

Bücher, in denen Autoren zu Wort kommen, die das begriffen haben, sind:

Sol Stein: Über das Schreiben (Bücher über das Schreiben: Sol Stein)
James N. Frey: Wie man einen verdammt guten Roman schreibt (Bücher über das Schreiben: James N. Frey)
Stephen King: Das Leben und das Schreiben (Bücher über das Schreiben: Stephen King)

Es gibt neben den nicht vorhandenen Schreibregeln übrigens auch keine Stilmittel, die man anwenden kann. "Stilmittel" ist ein Begriff, den die beschreibende Literaturwissenschaft benötigt, um das, was du schreibst, einordnen zu können, nicht etwas, das du aktiv beim Schreiben anwenden kannst ("ich benutz' jetzt mal dieses oder jenes Stilmittel"). Wenn ein Stilmittel in deinem Text auftaucht, dann taucht es dort auf, weil die Handlung es gerade erfordert, und du wendest es unbewusst an.

Was du wirklich brauchst, ist Handwerk, die Werkzeuge, um genau das zu schaffen, was deine Geschichte zu einer spannenden Geschichte macht, die deine Leser unbedingt zu Ende lesen wollen. Und dafür bist du hier - in der Schreibwerkstatt.


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