Was zum Geier ist eine Prämisse?

28.01.2020 14:04 (zuletzt bearbeitet: 28.01.2020 14:26)
avatar  Sabine
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Der Begriff "Prämisse" ist wahrscheinlich eines der am wenigsten verstandenen und am meisten gehassten Konstrukte in der Welt von Schreibenden. Verfolgt man seine Herkunft zurück, scheint der Begriff irgendwo in den USA zu wurzeln. Er hat es schnell in die Kramkiste von europäischen Literaturwissenschaftlern geschafft.

Sucht man im Internet nach Erklärungen, findet man alles. Eine Deutung ist abstruser als die andere.

Die Prämisse eines Textes ist nichts anderes als die Wandlung (Warum Geschichten eine Wandlung haben sollten), zusammengepresst in eine stark abstrahierte Aussage. Die Prämisse sagt, dass innerhalb der Geschichte eine Entwicklung stattfindet, die als Antrieb menschliche Bedürfnisse und menschliches Handeln hat. Viele Krimis haben eine von folgenden Prämissen:

Eifersucht [Habgier, Hass ...] führt zu Mord.
Machtanspruch und Gefühllosigkeit führen zu einem sexuellen Übergriff.

Die Prämisse ist ein Mittel zur Beschreibung eines Textes, genau wie Stilfiguren oder Genreeinordnungen. Kein Schriftsteller setzt sich hin und denkt sich was zu "Habgier führt zu Mord" aus. Den Anfang machen ein Charakter und eine Situation, in diesem Beispiel eben vielleicht eine instabile Persönlichkeit, die ein Gefühl von Habgier gegenüber einem anderen entwickelt und denjenigen schließlich tötet. Der Krimi löst die Entwicklung hin zu diesem Endzustand durch die Ermittlung des Kommissars auf.

Wir brauchen keine Prämisse. Wichtig ist, unseren Geschichten eine Wandlung mitzugeben (Warum Geschichten eine Wandlung haben sollten). Der Literaturwissenschaftler kann dann seine Prämisse aus der Wandlung ableiten. Wenn wir selbst zur Überprüfung der Wandlung so ein nettes Sprüchlein formulieren wollen, immer darauf achten, dass der Satz ein "führt zu" enthält. Ist kein "führt zu" in der Handlung, fehlt auch die Wandlung.


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