Wie ist eine Kurzgeschichte aufgebaut?

25.01.2020 12:11 (zuletzt bearbeitet: 25.01.2020 12:16)
avatar  Sabine
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Der Begriff "Short Story" geht auf Ernest Hemingway zurück und er ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses eines hoch-talentierten Schriftstellers, dessen innere Schreibmaschine etwa 1.000 Mal besser ausgestattet war als unsere sind. Hemingway war ein fanatischer Perfektionist auf der Struktur- und Satzebene und sein zweiter Vorname war "Überarbeitung".

Die Short Story war für Hemingway in Umsetzung seiner "Iceberg Theory of Writing" eine funktionierende Geschichte in einer Art kleinstmöglichen Form, bei der er alles weggelassen hat, das nicht unbedingt notwendig war, um die Inhalte zu vermitteln.

Hemingways Short Stories sind miniaturisierte Romane, in denen Ortswechsel auftreten, längere Zeiträume umspannt werden. In der neueren Literaturtheorie werden Kurzgeschichten häufig als "Blitzlicht auf eine besondere Situation" bezeichnet und die Einheitlichkeit von Raum und Zeit betont. Daraus folgt die Verdichtung auf eine einzelne Szene, die ohne die Ortswechsel und die dehnbare Zeitspanne auskommen muss, die Hemingway sich gestattet hat.

Was ist nun richtig? Richtig ist, dass es kein "richtig" und "falsch" in dieser Frage gibt, nur eine Entwicklung in eine bestimmte Richtung.

Wir stellen die Frage daher anders:

Welche Form einer Kurzgeschichte sollte ich üben?
Du solltest die Form einer Kurzgeschichte üben, in der es eine spannende Handlung gibt, die etwas mit einem Menschen macht, die dazu führt, dass er am Ende der Geschichte emotional verändert dasteht.

Ein Vorschlag für die Form wäre das Blitzlicht auf eine besondere Situation, weil genau das hilfreich ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Handlung und die Wandlung. Eine Kurzgeschichte in dieser Definition ist eine Szene mit einer Wandlung am Ende (Warum Geschichten eine Wandlung haben sollten). Du erzählst szenisch, also in Handlung (Erzählstimme) und Dialog, einen ganz besonderen Moment im Leben deines Helden, der ihn verändern wird. Die Zeit läuft strikt voran, es gibt keine Rückblenden in zurückliegende Zeitabschnitte.

Bleibt die Wandlung aus, ist die Kurzgeschichte keine Kurzgeschichte, sondern eine Szene. Der Leser möchte umblättern, um die nächste Szene zu finden und die weitere Entwicklung des Helden (m/w/d) zu verfolgen.

Enthält die Szene nur alltägliches Blabla, eingebettet, sagen wir: in Vorgänge am Frühstückstisch, dann ist die Szene nicht mal eine Szene, sondern ein Abschnitt, der bei der Überarbeitung in die Tonne gehört.

Also, nehmen wir doch diese brauchbare Definition und schreiben los: Eine spannende Szene mit lebendigen Menschen in Dialogen, die von einer Beziehung getragen werden, die etwas erleben, das sie verändert.


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