Schreibblockade - über dieses Thema ist bereits viel geschrieben worden, vor allen Dingen Wehleidiges und sehr viel von Menschen, die ganz am Anfang dessen stehen, was man fiktionales Schreiben nennt.

James Frey hat dieses berühmte Beispiel mit dem Maurer geschaffen (Bücher über das Schreiben: James N. Frey), der eines Tages eine Mauerblockade hat. Nichts geht mehr, dem Maurer fehlt einfach jegliche Schaffenskraft, um noch einen weiteren Stein auf die angefangene Mauer zu setzen. Er versinkt in Trübsal und bejammert sein Schicksal. Die dramatische Situation löst sich erst zu dem Zeitpunkt, an dem seiner Frau zu Hause das Geld ausgeht. Keine Arbeitsleistung, kein Lohn! Die Frau greift zur beherzten Selbsthilfe und brät dem Maurer kräftig einen über. James Frey berichtet, dass der Maurer nach diesem Eingriff nie wieder eine Mauerblockade gehabt haben soll.

Frey hebt mit dieser Glosse darauf ab, dass sich andere Berufsgruppen einfach nicht leisten können, die Arbeit mit Hinweis auf eine grundlegend schräg gelagerte Befindlichkeit hinzuwerfen. Warum sollte es jetzt ausgerechnet Schreibenden gestattet sein, sich aufzuführen wie Albin im Käfig voller Narren und den künstlerischen Auftritt zu verweigern? Ist jeder Schriftsteller gleich eine empfindliche Diva mit Starallüren? Jeder Hobbyschreibende?

Ich glaube schon, dass professionelle Schreibende, also die, die den Titel Schriftsteller zu Recht führen, manchmal an den Rand der völligen Erschöpfung geraten. Von Stephen King ist bekannt, dass er fest 2.000 Wörter pro Tag schreibt, egal ob es ein Wochentag ist oder Ostern oder draußen die Sonne scheint. Das bedeutet, dass der Mann sich täglich hinsetzt, seine Vorstellung anwirft und sie laufen lässt, bis seine innere Schreibmaschine 2.000 Wörter Rohfassung in die Tastatur getippt hat. Da bleibt keine Zeit für romantische Vorstellungen, in einem Café zu sitzen, einen teuren Füllfederhalter in der Hand zu halten und tolle Sätze aufs Papier zu werfen, die aufgrund der eigenen Genialität geradezu aus der Feder fließen. Professionelles Schreiben ist verdammte Arbeit, sie ist von Zwängen erfüllt und der Arbeitstag ist nach den 2.000 Wörtern Rohfassung nicht zu Ende. Viele Profis gehen den gerade oder am Vortag geschriebenen Text gleich noch mal durch (das nennt man Überarbeitung). Wenn Schreiben nicht mehr dieser unbeschwerte Umgang mit der eigenen Vorstellung und der eigenen Fähigkeit ist, Geschichten zu Papier bringen zu können, dann ist es ohne Weiteres vorstellbar, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem das innere Gleichgewicht kollabiert und sich eine unüberwindbare Abwehrhaltung gegen den Zwang zu schreiben aufbaut.

Redet dagegen ein Hobbyschreibender von einer "Schreibblockade", dann ist das häufig nur ein Synonym für "Mir fällt nichts ein" oder ein Festfahren in merkwürdigen Gewohnheiten. Schreiben hat nicht viel mit Schreiben zu tun, trotzdem setzen sich viele Schreibanfänger zum Warmschreiben hin und hoffen, dass sie beim Faseln in die Tastatur irgendwann den zündenden Einfall für eine Geschichte haben. Wobei der Begriff "Geschichte" an diesem Punkt auch sehr dehnbar gehandhabt wird. Zu einer Geschichte gehört auch eine Wandlung (Warum Geschichten eine Wandlung haben sollten) und solange die noch nicht in Sicht ist, wächst die Gefahr für erneutes Steckenbleiben. "Ich komme nicht weiter" aka "Schreibblockade" kann einen als Hobbyschreibenden also bereits nach einer halben Seite richtungslosen Textes überfallen und gleich noch mal zum Ende einer Szene, an dem sich leider keine erhoffte Wandlung oder wenigstens Pointe andeutet.

Bis zu einer echten Schreibblockade durch völlige Überforderung eines empfindlichen Zusammenspiels zwischen der eigenen Visualisierung, des emotionalen Systems und der inneren Schreibmaschine ist es ein weiter Weg für uns Hobbyschreibende. Wir sollten diesen Begriff nicht zu leichtfertig auf Störungen unserer bescheidenen Fähigkeiten anwenden.