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22.01.2020 09:49 (zuletzt bearbeitet: 25.01.2020 15:59)
avatar  Sabine
#1
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Nur ein einziger, aber wichtiger Rat für die Gestaltung eines Kommentars:
Schreibe als Einstieg immer eine kurze Zusammenfassung der Geschichte, so wie du sie verstanden hast. Es kann durchaus sein, dass sie von dir ganz anders aufgefasst wird als beabsichtigt. Das ist für den Urheber der Geschichte wichtig zu erfahren. Lass den Schreibenden unbedingt wissen, ob dich die Geschichte mitgenommen hat, ob der Mensch, der dich durch die Handlung führt, dreidimensional (menschlich) abgebildet ist oder ob er hölzern wirkt, gar nicht auf deinem Monitor erscheint. Versuche für dich herauszufinden, warum du so empfindest und teile das mit.


Einen Kommentar schreiben - uije, aber ist da nicht etwas im Stile von Reich-Ranicki gefragt oder so eine endlose Quälerei wie in der Schule, wo so lange an Texten herumgeschnitzelt wurde, bis sie völlig skelettiert vor uns lagen?

Nein. Wir sind keine Literatur- oder Theaterkritiker, daher gibt es hier auch keine "Rezensionen", wie in anderen Foren verbreitet. Überlegen wir einmal kurz, wie wir ein Buch beurteilen, wenn wir danach gefragt werden. Wir sagen: "Boah, das war so total spannend, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu lesen und abends nicht ins Bett gekommen bin" oder: "Puh, ich bin mit der Heldin einfach nicht warm geworden, die war so blass und farblos, und obwohl es da richtig abging in der Handlung, fand ich das nicht so prickelnd".

Fiktionale Texte sind dann gut, wenn sie uns mitreißen, wenn sie uns emotional berühren, weil wir gefühlt ganz nah bei den Helden sind und wissen wollen, wie es mit ihnen weitergeht. Der Text ist so gestaltet, dass beim Lesen lebendige Menschen auf unserem inneren Monitor erscheinen, mit denen wir durch die Handlung gehen. Mitreißende fiktionale Texte sind um Menschen herumgestrickt. Die Schreibenden haben einen Menschen als Ausgangspunkt genommen und ihn in eine fordernde Situation hineingestellt, die ihn verändern wird.

Um noch die zweite eingangs gestellte Frage zu beantworten: die meisten von uns sind inzwischen weit von der Schulzeit entfernt, lebenserfahren und in der Lage, emotionale Bilder zu deuten. In der Schulzeit war es scheinbar wichtig, abstrakte Dinge wie Symbole und Stilmittel in Texten von berühmten Dramatikern aufzuspüren und zu benennen. Freunde, seid euch sicher: William Shakespeare und Christopher Marlowe haben nicht da gesessen und darüber nachgedacht, welchen Anklang an die Antike sie als nächstes in ihre Stücke einbinden können. Da ging es darum, die eigenen wüsten Emotionen in Texten zu kanalisieren, da ging es um Selbstverliebtheit und Darstellungsbedürfnis. Wenn Generationen von Schülern abstrakte Spuren in Dramen verfolgen, liegt das schlicht daran, dass einem im Alter von 14 Jahren erst ein sehr geringer Erfahrungsschatz an emotionalem Miteinander zur Verfügung steht, insbesondere von Situationen, in denen die menschliche Sexualität eine nicht unerhebliche Rolle spielt.

Vielleicht wirken wir hier ein wenig anders als die anderen Schreibforen und Schreibwerkstätten, aber hier kann man garantiert schreiben lernen, wenn man nur einen Funken Talent mitbringt.

Und nun gleich los mit dem Kommentieren der emotionalen Wirkung von Texten!


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